Am Valentinstag, der am 14. Februar gefeiert wird, geht es häufig um Blumen, Schokolade und teure Geschenke. Warum Paare Liebe nicht auf ein Datum reduzieren sollten und auf welche Weise sie sich sonst noch Wertschätzung zeigen können, erzählt Georg Ruhsert, stellvertretender Leiter der Ehe-, Familien- und Lebensberatung (EFL) Würzburg.
POW: Herr Ruhsert, brauchen Paare den Valentinstag?
Georg Ruhsert: Der Valentinstag ist inzwischen ein sehr besonderer Tag. Es ist ein Datum, an dem schon fast erwartet wird, dass etwas besonders Liebevolles oder Bedeutsames in einer Beziehung passiert. Vielleicht kommt man daher nicht drum herum, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Grundsätzlich würde ich aber sagen, dass sich Paare immer wieder vergewissern müssen: „Wir sind miteinander verbunden.“ Paare müssen sich immer wieder zeigen, dass sie sich lieben. Sie brauchen entsprechende Gesten und Zeichen. Aber bitte nicht nur am Valentinstag. Das sollte ein Dauerthema in einer Beziehung sein.
POW: Wie können Paare sich gegenseitig Wertschätzung zukommen lassen, ohne dass es dabei nur um Konsum geht?
Ruhsert: Ich würde noch grundsätzlicher rangehen: Liebe ist immer ein Geschenk. Liebe passt nicht zu einer Gegenleistung, die ich erwarte. Wenn Liebe erkauft wird oder ich sie mir erst verdienen muss, dann wird es schräg. Liebe hat daher grundsätzlich mit Schenken zu tun. Das kann auch materiell sein, wie der Blumenstrauß mit 50 Rosen, muss es aber nicht. In der materiellen Welt, in der wir leben, sind andere Dinge viel kostbarer, die nicht in einem Wert festzumachen sind.
POW: Welche Geschenkideen gibt es für den Valentinstag, ohne viel Geld auszugeben?
Ruhsert: Das kostbarste Geschenk ist Zeit. Sich Zeit füreinander zu nehmen und sie bewusst miteinander zu verbringen. Dabei sollte man sich sagen: „Es geht hier um dich.“ Das heißt auch, sich ungeteilte Aufmerksamkeit zu schenken. Wenn ich meinem Partner zuhöre, dann darf ich nicht durch das Handy oder andere Dinge abgelenkt werden. Diese wertvolle Zeit in dieser Qualität ist eine ganz hohe Form der Zuneigung. Natürlich gibt es auch viele Dinge, die die Liebe im Kleineren ausdrücken können. Zum Beispiel liebevolle Worte, sich gegenseitig Komplimente machen oder kleine Gesten. Ich tue etwas für den anderen und überrasche ihn damit. Ich bringe meiner Partnerin ihren Kaffee, berühre sie im Vorbeigehen. Oder ich habe mir Gedanken gemacht und es gibt etwas zu essen, wo ich weiß, das schmeckt dem Partner besonders gut. Gerade in schwierigen Zeiten wird die Liebe besonders deutlich. Ich gebe meine Unterstützung, wenn mein Partner sie braucht. Ich zeige ihm oder ihr: Ich bin für Dich da. Ich helfe, wenn es schwierig ist. Und vielleicht auch nur, indem ich einfach da bin und manche Situation zusammen mit ihm oder ihr aushalte. Unterstützung zeigt sich für mich auch, indem ich dieses „Wir“ im Blick habe.
POW: Wie können Paare mit Kindern die Zeit zu zweit umsetzen?
Ruhsert: Zeit zu zweit ist für Eltern nicht leicht. Ich glaube, gerade wenn die Kinder noch kleiner sind, müssen Paare ihre Zeit anders gewichten. Auch die Zeit mit der Familie ist Zeit für das „Wir“. Trotzdem braucht es noch eine Zeit zu zweit. Es ist schwer, das immer durchzuhalten, weil Kinder natürlich vorgehen, wenn es wirklich mal brennt. Trotzdem sollten sich Paare mit Kindern einen Termin reservieren, nur für sich als Paar, und sich diesen auch freikämpfen. Vielleicht können sie eine Kinderbetreuung organisieren oder, wenn vorhanden, Großeltern, Eltern oder Freunde mit einspannen. Ich glaube, das ist sehr wertvoll.
POW: Kann es Druck in einer Beziehung erzeugen, wenn der Valentinstag groß gefeiert wird?
Ruhsert: Ja, dieser Druck kann entstehen, wenn Erwartungen von außen zu groß werden. Das passiert immer da, wo man sich von anderen abhängig macht. Der Valentinstag kann Druck machen, wenn es das einzige Datum im Jahr ist, an dem liebevolle Gesten Platz in einer Beziehung haben. Ich glaube, wenn das alltäglich ist, dann kann es passieren, dass man den Valentinstag völlig vergisst und sagt: „Wir haben immer Valentinstag.“
POW: Wie können sich Paare gegen diesen gesellschaftlichen Druck wappnen?
Ruhsert: Paare müssen immer wieder schauen: „Was ist unseres?“ Und das geht nur, indem man gut in Kommunikation ist. Es gibt kein Thema, über das Paare nicht miteinander sprechen können. Und es sollte auch keine Tabus geben. Es ist eine Chance, dass man gemeinsam über diesen Druck spricht und merkt: „Wir brauchen das nicht. Aber vielleicht brauchen wir etwas anderes.“ Das kann ein Weg sein, nicht zu sehr auf andere zu schauen. Wenn man in Kontakt ist, braucht es den Blick auf das Außen nicht so sehr.
POW: Welchen Rat würden Sie Paaren mit auf den Weg geben, denen es schwerfällt, sich im Alltag Zeit füreinander zu nehmen?
Ruhsert: Wenn der Alltag so voll ist und wenig Zeitfenster da sind, um sich im Blick zu haben, ist es wichtig, immer wieder Zeichen zu setzen, dass man einander etwas bedeutet. Es kann Zeit sein, die ich mit dem Partner verbringe. Aber es gibt auch andere Möglichkeiten, wenn man keine Zeit zusammen hat. Ich kann durch ein Bild, das ich meinem Partner per Handy schicke, durch ein paar Zeilen, die ich schreibe, oder durch einen klassischen Liebesbrief zeigen: „Ich denke an dich, ich bin bei dir.“ Das sorgt auch für ein Gefühl, dass man verbunden ist. Es ist natürlich kein Ersatz für intensiv zu zweit erlebte Zeit. Aber es signalisiert: „Ich bin mit Dir verbunden.“ Und wenn ich eine entsprechende Antwort kriege, ist das schön. Aber bitte nicht unter Druck setzen lassen.
POW: Können Rituale dabei helfen?
Ruhsert: Rituale sind gut, um Zuneigung zu zeigen. Selbst kleine Dinge, die sich im Alltag etabliert haben, können schon helfen. Zum Beispiel ein gemeinsames Frühstück an einem bestimmten Tag, bei dem man über alles spricht, was ansteht. Und nebenbei beginnt man den Tag miteinander. Manche Paare nehmen sich auch einen Abend Zeit und schauen Filme oder eine Serie zusammen. Andere Paare machen Musik an und tanzen zusammen durchs Wohnzimmer. Wieder andere gehen zusammen spazieren und halten sich dabei an der Hand. Manche setzen sich auf den Balkon und schauen abends mal eine halbe Stunde in den Sternenhimmel. Es gibt Paare, die spielen gerne zusammen. Spielen löst unheimlich. Es gibt Regeln, die vorgegeben sind, es hilft zu entspannen und Spaß miteinander zu haben. Eine andere Idee ist, etwas Neues miteinander auszuprobieren. Ich kenne Paare, die einmal im Jahr etwas zusammen unternehmen, was sie noch nie vorher gemacht haben. Noch ein kleiner Tipp: Eine der konkretesten Maßnahmen, um dem Gegenüber tiefe Wertschätzung zu zeigen, ist einfach zu sagen, was genau ich an ihm oder ihr liebe. Das ist manchmal ganz schwer in Worte zu fassen. Es sind kleine Dinge wie: „Du bist so hilfsbereit“, „Du bist fantasievoll“, oder „Du bist so ein fröhlicher Mensch. Wenn Du lachst, muss ich einfach mitlachen.“ Um solche Dinge geht es im Leben. Das ist Wertschätzung. Das ist Liebe.
Das Interview führte Judith Reinders (POW)
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Der heilige Valentin
Am Valentinstag scheiden sich die Geister. Für die einen ist der 14. Februar der Tag der Liebenden. Die anderen sehen darin einen Tag des ungebremsten Konsums, von dem vor allem Floristen, Konditoren und Parfümerien profitieren.
Der Legende nach soll Valentin von Terni im dritten Jahrhundert in Rom Liebespaaren Blumen aus dem Klostergarten geschenkt haben. Den Männern soll er gar geraten haben, bei ihrer Frau zu bleiben, statt in den Krieg zu ziehen. Für dieses Vergehen ließ Kaiser Claudius ihn am 14. Februar 268 enthaupten. Der Valentinstag, wie er heute begangen wird, hat auch heidnische Wurzeln: Schon in der Römerzeit wurde um den 14. Februar herum das Fest des Hirtengottes Lupercus gefeiert. In einer Art „Liebeslotterie“ wurden junge Frauen und Männer per Los zusammengeführt. Die Kirche modifizierte diesen Brauch. Statt eines Partners bekamen junge Menschen per Los einen christlichen Heiligen als Vorbild zugewiesen. Richtig populär wurde diese Form jedoch nie. Um den Valentinstag haben sich unterschiedliche Bräuche entwickelt. In den USA, Großbritannien und Irland wird der Festtag mit besonderen Ritualen gefeiert: zum Beispiel indem nach römischem Vorbild ein Valentin beziehungsweise eine Valentine zugelost wird. Mitunter schreiben Singles an diesem Tag auch der von ihnen verehrten Person anonyme Liebesbriefe. Valentinsgrüße in Form von Blumen kamen in Deutschland erst nach 1945 durch englische und amerikanische Truppen in Mode. Auch Bauernregeln ranken sich um den Valentinstag: „Ist’s am Valentin noch weiß, blüht zu Ostern schon das Reis“ oder „Am Tag von Sankt Valentin, gehen Eis und Schnee dahin“.