Nachdem das Konzilsdokument "Die Kirche in der Welt von heute" die Grundlage geschaffen hatte, verabschiedete die Würzburger Synode 1975 den Beschluss "Christlich gelebte Ehe und Familie". Der Beschluss war hart erkämpft, zuvor hatten die Synodalen heftig um den Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen gerungen. Die Gemeinschaft des eucharistischen Mahles bleibt ihnen bis heute verwehrt. Die moralisch-ethische Beurteilung von Ehescheidungen wurde jedoch differenzierter: Es ist unterschiedlich zu beurteilen, ob die Ehe leichtfertig aufgekündigt wurde oder ob man als verlassene(-r) PartnerIn an der Beziehung festhalten wollte. Besonders gewürdigt wurde auch der Sachverhalt, dass die mögliche Ungültigkeit einer Ehe in manchen Fällen wegen mangels an Beweisen nicht geprüft werden und dies eine leidvolle Erfahrung sein kann.
Differenziertes Urteil
Auch die ethische Beurteilung der vorehelichen Sexualität wurde differenzierter. Unterschieden wurde nicht nur zwischen "erlaubt - unerlaubt", sondern auch, ob Sexualität wahllos mit verschiedenen PartnerInnen geschieht oder ob die sexuelle Begegnung in eine Beziehung eingebettet ist, in der man sich in einer Lebensperspektive fest miteinander verbunden fühlt: "Diese Beziehungen können als gut und richtig gelten, solange sie Ausdruck der Vorläufigkeit sind und nicht intensiver gestaltet werden, als es dem Grad der zwischen den Partnern bestehenden personalen Bindung und der daraus resultierenden Vertrautheit entspricht." Die Sorge um Alleinerziehende ist ein weiterer wichtiger Teil des Beschlusses. Die Synodalen machten sich Sorgen, dass Alleinerziehende auch in christlichen Gemeinden Vorurteilen begegnen. Darüber hinaus gab die Synode viele Anregungen, wie die Familien in Gemeinden, Dekanaten und Diözesen gefördert werden können. Wie sieht die Bilanz nach 40 Jahren "Christlich gelebte Ehe und Familie" aus? Die Foerderung der Synode, ein eigenes Referat Ehe und Familie einzurichten, wurde in der Diözese Würzburg zügig umgesetzt. Dekanats-Familienseelsorgerstellen wurden eingerichtet.
Andere Voraussetzungen
Verändert haben sich seither die politisch-gesellschaftlichen und auch die innerkirchlichen Rahmenbedingungen: Immer weniger Menschen sehen die kirchlichen Aussagen zu Ehe und Familie als verbindlich an, immer weniger Paare lassen sich kirchlich trauen oder ihre Kinder taufen. Richtet man jedoch den Blick auf die Aktivitäten der Diözese Würzburg in den vergangenen 40 Jahren, kann man feststellen, dass die Diözese ihr Engagement für Familien, Paare und Kinder ausgeweitet hat. Beispielhaft lässt sich das deutlich machen am Haushalt der Diözese für die Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstellen: Im Jahr 1979 wurden etwa 42 000 Euro für die Beratungsstellen ausgegeben. Im Jahr 1990 waren es bereits 725 000 Euro, 2010 waren es schließlich 1 743 000 Euro. Es ist zu beobachten, dass sich immer mehr Menschen an kirchliche Einrichtungen wenden. Das Vertrauen, dort Hilfe zu bekommen, ist offensichtlich ungebrochen.
Einige Beispiele für Hilfen, die Paare und Familien erhalten: Die acht Erziehungsberatungsstellen in Trägerschaft von Orts- und Kreiscaritasverbänden bieten Hilfen für Familien, die unsicher sind in der Erziehung ihrer Kinder und sich dadurch belastet fühlen. Etwa 60 Prozent aller Kindertagesstätten in Unterfranken haben katholische Träger, deren fachliche und finanzielle Betreuung der Diözesan-Caritasverband sicherstellt. Erst jüngst hat sich der Würzburger Diözesanrat bei der Frühjahrsvollversammlung mit dem Thema "Qualität der Paarbeziehung" befasst. Dort wurde deutlich, wie sehr das Wohlergehen der Kinder, aber auch der Paare, von guter Kommunikation abhängt.
Verbände aktiv
Neben der Caritas haben auch andere Verbände ihre Angebotspalette für Paare und Familien ausgeweitet - angeregt durch den Beschluss der Synode. Einige willkürlich gewählte Beispiele: Der Katholische Deutsche Frauenbund stärkt schon seit Jahren Frauen in ihrer Selbstkompetenz. Angebote für Leiterinnen von Eltern-Kind-Gruppen tragen dazu bei, Frauen mit Kindern untereinander zu vernetzen. Kolping war schon seit Anfang der siebziger Jahre in Sachen Familienarbeit und Familienbildung unterwegs. Der Aufbau von Familienkreisen wurde gefördert. Vielfältig auch die Angebote des Familienbundes der Katholiken: Die Programme EPL ("Ein partnerschaftliches Lernprogramm") und KEK ("Konstruktive Ehe und Kommunikation") helfen Paaren dabei, ihre Kommunikation zu verbessern, das Angebot "Kess erziehen" fördert die elterliche Erziehungskompetenz, die Internetplattform "intakt" unterstützt Familien mit behinderten Kindern.
Zu nennen ist auch die diözesane Dialoginitiative "Wege suchen im Gespräch", in deren Rahmen die Sorge um die wiederverheirateten Geschiedenen einen besonderen Platz einnahm. Um das Wohl von Frauen, Kindern und Familien sorgt sich auch der Sozialdienst katholischer Frauen: Es gibt Hausaufgabenhilfen für Kinder mit Migrationshintergrund und die Übernahme von Pflegschaften. Die Stiftung Mutter und Kind hilft Frauen, sich leichter für ihr Kind zu entscheiden.
Noch Fragen offen
Man kann enttäuscht sein, dass keine befriedigende Lösung für die Menschen in Sicht ist, deren Ehe gescheitert ist. Man sollte darüber hinaus aufmerksam sein dafür, wie vielfältig und bedürfnisorientiert das kirchliche Unterstützungsangebot ist. Was an Hilfen für Familien durch Verbände, Beratungsstellen, Pfarreien geschieht, ist der Öffentlichkeit kaum bewusst. Es wäre eine lohnende - wenn auch riesige - Aufgabe, herauszuarbeiten, in welchem Maß die Diözese Würzburg ihre Hilfen für Paare und Familien ausgeweitet hat.