Die Ehe-, Familien- und Lebensberatung ist eine Einrichtung des Bischöflichen Ordinariates. Ihre zentrale Aufgabe liegt in der Beratung und Begleitung von Menschen mit partnerschaftlichen, familiären und/oder persönlichen Problemen und Konflikten. Deshalb ist sie der Hauptabteilung II-Seelsorge zugeordnet.
Die Ehe-, Familien- und Lebensberatung umfasst die drei regionalen Beratungszentren Aschaffenburg, Schweinfurt und Würzburg mit Außenstellen in den jeweiligen Landkreisen.
Die Grundlagen der Ehe-, Familien- und Lebensberatung
Es ist schon immer Tradition der Kirche, Menschen gerade auch bei Übergängen von kritischen Lebensphasen zu begleiten und bei schwierigen Lebensentscheidungen zu unterstützen. Diese Unterstützung ist ein Zeichen der Solidarität und ermöglicht Menschen die Erfahrung, auch im Scheitern getragen zu sein – von Gott und den Menschen. Daraus können sie Stärkung und Orientierung für ihr Leben gewinnen.
Christlicher Glaube will nicht in erster Linie eine Erklärung auf das Warum des Leidens geben, sondern ist eine konkrete und spezifische Praxis, um im Namen des mitleidenden Gottes zur Überwindung des Leidens beizutragen. Mit ihren Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstellen setzt Kirche ein sichtbares und wirksames Zeichen des Glaubens an einen Gott, der nicht das Leid und den Tod will, sondern das Leben „in Fülle“ (Joh. 10,10).
Vor dem Hintergrund eines christlichen Menschenbildes kann auch menschliches Scheitern einen Sinn gewinnen. Durch diese Sicht setzt kirchliche Beratung in einer sich durch Leistung und Fortschritt einseitig definierenden Gesellschaft korrigierende und wegweisende Akzente. Weil Kirche für alle da ist, steht dieses pastorale Angebot allen Menschen offen, unabhängig von gesellschaftlichem Status, Hautfarbe, Geschlecht, sexueller Orientierung, Nationalität, Religionszugehörigkeit, Weltanschauung und finanziellen Ressourcen.
Psychologische Beratung in partnerschaftlichen, familiären und persönlichen Konflikten und Krisen ist ein zeitgemäßer Vollzug christlich-kirchlicher Praxis. Sie ist eine Form und spezifische Ausprägung heilender Seelsorge. In der Begegnung mit Menschen, die unter Leidensdruck stehen, greift sie auf beraterische und psychotherapeutische Erfahrungen zurück und verwendet spezifische Methoden.
Die Beratungsstellen arbeiten an der Schnittstelle von Kirche und Gesellschaft. Sie sind „Seismografen“ für gesellschaftlich-strukturelle Entwicklungen, die zu Belastungen im persönlichen, partnerschaftlichen und familiären Bereich führen und menschliches Leid bedingen. Dies verpflichtet Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstellen auch dazu, durch ihre Arbeit solchen innerkirchlichen und gesellschaftlichen Gegebenheiten und Strukturen entgegenzuwirken, die menschliches Leiden verursachen oder dessen Existenz auszublenden versuchen.
Es ist auch Aufgabe der Beratungsstellen, solche Erkenntnisse und Trends aufzugreifen und sie in angemessener Weise der kirchlichen und politischen Öffentlichkeit zugänglich zu machen. In der Finanzierung der Beratungsstellen durch kirchliche, staatliche und kommunale Mittel drückt sich die Verknüpfung von pastoralem und sozialpolitischem Auftrag aus.
Beratungsverständnis
In der Beratung sorgen wir für einen angstfreien und Vertrauen fördernden Rahmen, der Offenheit und ein intensives Lernen auf der individuellen, der partnerschaftlichen und der familiären Ebene ermöglicht.
Beratung ereignet sich im Dialog und in der Interaktion von Ratsuchenden und Beraterinnen. Die Beziehung zwischen Ratsuchenden und Beraterinnen gehört nach unserem Verständnis von Beratung und Psychotherapie zu den zentralen Wirk- und Erfolgsfaktoren.
Über die Beziehungsaufnahme und -gestaltung und deren Reflexion klären sich Konflikte und Ängste. Daraus lassen sich neue Lösungsmöglichkeiten entwickeln.
Beratung dient den Bedürfnissen der Klientinnen und darf sich weder für die Eigeninteressen der Beraterin, noch für die Interessen von Dritten einspannen lassen.
Die Beraterin entscheidet eigenverantwortlich und unabhängig vom Träger nach fachlichen Gesichtspunkten über das Vorgehen in der Beratung.
Das Beratungsangebot basiert auf Freiwilligkeit, Vertrauensschutz und Verschwiegenheit gegenüber Dritten.
Auftrag der Ehe-, Familien- und Lebensberatung
Wir bieten professionelle Hilfe in Form von Beratung und Psychotherapie für Menschen an, die in persönlichen, partnerschaftlichen, ehelichen und familiären Konflikten und Krisen stehen.
Wir bieten übungszentrierte Programme an, die Menschen befähigen, der Entwicklung von schwerwiegenden und dauerhaften Problemen vorzubeugen.
Wir arbeiten – je nach Indikation und Bereitschaft der Klientinnen – im Einzel-, Paar-, Familien- und/oder Gruppensetting.
Wir orientieren uns bei der Dauer der Beratung in erster Linie an der Problem- und Motivationslage der Klientinnen.
Wir informieren die Öffentlichkeit über das Angebot und die Arbeitsweise der Ehe-, Familien- und Lebensberatung und nehmen zu aktuellen Themen, die unser Tätigkeitsfeld berühren, Stellung.
Wir beraten zusätzlich auch in anderen Institutionen, wie Justizvollzugsanstalten und Familiengerichten.
Ziele der Ehe-, Familien- und Lebensberatung
Wir wollen Menschen mithilfe der Beratung dazu befähigen, sich in ihrem familiären und sozialen Umfeld solidarisch, partnerschaftlich und verantwortlich zu verhalten.
Wir helfen Menschen in Konflikt- und Krisensituationen, die zur Bewältigung notwendigen Selbsthilfekräfte und Fertigkeiten zu entdecken, weiter zu entwickeln und die in der Krise liegenden Chancen zu nutzen.
Wir unterstützen Menschen bei ihrem Bemühen, Ursachen und Zusammenhänge von Konflikten und Problemen zu verstehen und die daraus notwendigen Verhaltensänderungen in Angriff zu nehmen.
Wir begleiten beraterisch und therapeutisch Menschen bei dem Versuch, sich mit Erlebnissen und Erfahrungen aus der eigenen Lebensgeschichte auseinanderzusetzen, sie zu akzeptieren und neu zu bewerten.
Wir fördern kommunikative, partnerschaftliche und elterliche Kompetenz im Beratungsgespräch und durch spezifische Trainingsprogramme.
Wir unterstützen durch die Beratung Menschen in ihrem Wunsch, verlässliche und dauerhafte Beziehungen in Partnerschaft, Ehe und Familie leben zu können.
Wir unterstützen im Falle des Scheiterns einer Beziehung die Partner durch konfliktlösungsorientierte Gespräche (Familienmediation), die Trennung und Scheidung in fairer Weise und in Respekt voreinander zu vollziehen und die elterliche Sorge und Verantwortung zum Wohle des Kindes bzw. der Kinder wahrzunehmen.
Arbeitsweise und Rahmenbedingungen der Ehe-, Familien- und Lebensberatung
Die Beraterinnen arbeiten in einem multiprofessionellen Team, das ihnen fachliche und kollegiale Unterstützung bietet. Supervision sowie die fachspezifischen Perspektiven gewährleisten kritische Distanz gegenüber einseitigen Sichtweisen.
Die Evaluierung der Beratungsarbeit überprüft deren Effizienz und sichert ihre Qualität.
Für die Mitarbeit qualifiziert – aufbauend auf einem humanwissenschaftlichen Studium – die Weiterbildung zur Ehe-, Familien- und Lebensberaterin nach den Richtlinien des Deutschen Arbeitskreises für Jugend-, Ehe- und Familienberatung und der Bundesarbeitsgemeinschaft für Ehe-, Familien- und Lebensberatung und Telefonseelsorge/Offene Tür e.V. (BAG/OT). Für psychotherapeutische Tätigkeiten bildet eine psychotherapeutische Ausbildung mit der entsprechenden staatlichen Anerkennung die Voraussetzung und Grundlage.
Als Teil der psychosozialen Versorgung einer Region kooperieren die Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstellen mit Einrichtungen der Familien- und Jugendhilfe sowie der Erwachsenenbildung in ihrer Region.
Im Rahmen der kooperativen Pastoral bieten die Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstellen ihren Fachdienst in Zusammenarbeit mit anderen Angeboten der Seelsorge an. Nach Möglichkeit und Bedarfslage arbeiten einzelne Beraterinnen in Gremien und Fachverbänden auf regionaler und überregionaler Ebene mit.