Präambel
Die Ethischen Standards sind Leitlinien für die Ausübung jeder Form eigenverantwortlichen Handelns im beraterischen Bereich. Alle Mitarbeiter*innen der EFL in der Diözese Würzburg sind an diese ethischen Standards und die darin enthaltenen Prinzipien und Verhaltensweisen gebunden. Dies gilt im Verhältnis zu allen am Beratungsprozess Beteiligten sowie zu Institutionen und Einrichtungen. Die Ethischen Standards sind auch Grundlage für die Klärung von Beschwerden und Konflikten.
Grundsätze/Grundhaltungen
Grundsatz der Beratungsarbeit in kirchlicher Trägerschaft ist die Achtung der Würde und Selbstbestimmung aller Klient*innen. Die ethischen Standards dienen dem Schutz der Integrität sowohl der Klient*innen als auch der Berater*innen.
Zentral für Beratung ist ein offener und ehrlicher Kontakt, das Zulassen des Mitgefühls unter gleichzeitiger Wahrung von angemessener Distanz, die vor Grenzüberschreitungen schützt.
- Die Berater*innen tolerieren und respektieren die Individualität der Klient*innen.
- Die Berater*innen respektieren die Fähigkeit der Ratsuchenden, selbstständig und eigenverantwortlich Lebensentscheidungen zu treffen.
- Die Berater*innen gehen verantwortlich mit ihrer fachlichen Autorität um und nutzen sie nicht zum Schaden der Klient*innen aus.
- Die Berater*innen tragen die Verantwortung für die Gestaltung des Beratungsgesprächs.
- Körperkontakt in der Beratung darf nur im Rahmen einer therapeutischen Indikation erfolgen und erfordert das Einverständnis der Klient*innen.
- Es ist den Berater*innen untersagt, sexuelle Beziehungen mit Ratsuchenden oder deren Angehörigen einzugehen.
- Im Alltagskontakt mit Klient*innen außerhalb des Beratungssettings beschränken sich die Berater*innen auf distanzwahrende Formen des Sozialkontaktes, um die beraterische Beziehung nicht zu stören.
- Die abstinente Haltung erstreckt sich auch auf Personen, die den Klient*innen nahe stehen.
- Der Verzicht auf private Kontakte gilt auch noch mindestens ein Jahr nach Beendigung der Beratung.
Fachliche Kompetenz
Alle Mitarbeiter*innen haben durch die Teilnahme an einer mehrjährigen Weiterbildung zum/zur EFL-Berater*in die erforderliche Kompetenz für ihre beraterische Tätigkeit erworben (gemäß der Weiterbildungsordnung der Katholischen BAG e.V.).
- Die Berater*innen sorgen für eine Strukturierung und Transparenz des Beratungsprozesses, die der Problemlage angemessen ist. Sie tragen die volle Verantwortung für die Einhaltung klarer Grenzen in der Beratung.
- Die Berater*innen sorgen dafür, dass eine Beratung nur so lange dauert, wie sie fachlich nachvollziehbar ist.
- Die Berater*innen beenden die Beratung in der Regel, wenn diese zu keiner Verbesserung der Situation, Entlastung oder Stützung des/der Ratsuchenden geführt hat.
- Die Berater*innen reflektieren ihre eigene Weltanschauung und Lebenssituation, um der Gefahr entgegenzuwirken, Ratsuchende mit eigenen Lebenskonzepten und Werten zu beeinflussen.
- Die Berater*innen ziehen bei Bedarf Fachleute anderer Disziplinen hinzu oder informieren über weitere Beratungs- und Unterstützungsangebote.
- Die Berater*innen entwickeln ihre Kompetenz regelmäßig weiter: Fortbildung, fachliche Nacharbeit, kollegialer Austausch sowie regelmäßige Supervision sind Teil der beraterischen Kompetenz und unverzichtbarer Bestandteil von Beratungsarbeit.
Schweigepflicht und Datenschutz
Die Mitarbeiter*innen bewahren Stillschweigen über das, was ihnen über die Klient*innen bekannt wird, soweit gesetzliche Bestimmungen dem nicht entgegenstehen.
- Gibt es Hinweise auf die Gefährdung eines Kindes oder Jugendlichen, thematisieren die Berater*innen dies mit den Ratsuchenden aktiv, um eine Lösung zu finden und leiten ggf. aktiv Schritte ein, um die Situation für das Kind / den Jugendlichen zu verbessern. Sie halten sich dabei an die gesetzlichen Vorgaben des § 8a, Sozialgesetzbuch (SGB) VIII (Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung).
- Kollegiale Besprechungen und Supervision über Fälle geschehen in anonymisierter Form.
- Die Mitarbeiter*innen verpflichten sich, alle Mitteilungen ihrer Klienten entsprechend den gesetzlichen Regelungen vertraulich zu behandeln, auch über das Beratungsende hinaus.
- Klienteninformationen dürfen nur mit schriftlicher Einwilligung der Klienten weitergegeben werden (Schweigepflichtentbindung).
- Die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen ist von allen Mitarbeiter*innen zu gewährleisten.
- Die Dokumentation personenbezogener Daten erfolgt unter Wahrung der geltenden Datenschutzbestimmungen (gemäß Kirchliches Datenschutzgesetz KDG).
Selbstfürsorge
Reflektiertes Arbeiten der Mitarbeiter*innen braucht einen sorgsamen Umgang mit persönlichen und fachlichen Ressourcen. Dies bedeutet:
- Die Mitarbeiter*innen beachten die Grenzen der eigenen Belastbarkeit.
- Die Mitarbeiter*innen nutzen institutionelle und individuelle Entlastungsmöglichkeiten, dazu gehören: regelmäßige Supervision, Intervision und Fortbildung.
Verbot von Diskriminierung, Ausbeutung und Ausnutzung
Die Mitarbeiter*innen begegnen ihren Klient*innen mit Offenheit und Interesse, unabhängig von deren Alter, Geschlecht, ethnischer Herkunft, Status, sexueller Orientierung, geschlechtlicher Identität, Lebensorientierung und Religion.
- Die Mitarbeiter*innen verpflichten sich zu einem verantwortungsvollen Umgang mit dem besonderen Vertrauens- und Abhängigkeitsverhältnis der Klient*innen. Wird dieses Vertrauensverhältnis zur Befriedigung persönlicher, emotionaler oder sexueller, wirtschaftlicher oder sozialer Interessen missbraucht, stellt dies einen Verstoß gegen die ethischen Standards dar. Im Falle eines solchen Verstoßes greift das Beschwerdemanagement.
- Bestehen Beziehungen geschäftlicher, freundschaftlicher, verwandtschaftlicher oder fachlicher Art, schließt das eine Beratung aus.
- Es ist verboten, dass die Mitarbeiter*innen die Erlangung von Vorteilen für sich oder die Einrichtung anstreben. Die Annahme persönlicher Geldgeschenke ist untersagt.
Vorgehen bei Beschwerden und Verstößen gegen die ethischen Standards
Der Träger einer Beratungsstelle ist sowohl für die Fachlichkeit der Berater*innen als auch für die Einhaltung ethischer Standards in der Beratungsarbeit verantwortlich. Die Leiter*innen der Beratungsstellen haben die Aufgabe, auf die Einhaltung dieser ethischen Standards durch alle Mitarbeiter*innen zu achten. Neben den gesetzlich geregelten Sanktionen kann ein Verstoß gegen die Ethischen Standards dienstrechtliche Konsequenzen haben.
Beschwerdeweg für Ratsuchende
- Generell können Ratsuchende mögliche Irritationen und Beschwerden über die allgemeine Online-Nachbefragung (auch anonym) mitteilen.
- Ratsuchende können sich jederzeit an die Stellenleitung der jeweiligen Beratungsstelle wenden.
- Richtet sich die Beschwerde gegen die Stellenleitung, ist die Leitung der Fachstelle der EFL in der Diözese zuständig. (Zur Zeit unbesetzt). E-Mail: christine.endres@bistum-wuerzburg.de
- Richtet sich die Beschwerde gegen die Leitung der Fachstelle, ist die Leitung der Hauptabteilung Seelsorge im Bischöflichen Ordinariat der Diözese Würzburg zuständig. E-Mail: christine.endres@bistum-wuerzburg.de
- In Verdachtsfällen sexualisierter Gewalt können Ratsuchende sich auch direkt an die zuständigen Ansprechpartner*innen der Diözese wenden: Ansprechpartner*in sind zurzeit (Stand 10/2024):
Prof. Dr. Alexander Schraml, Jurist, E-Mail: alexander.schraml@missbrauchsbeauftragte-wuerzburg.de Telefon: 0151-21265746, sowie Bianca Belousow, Sozialpädagogin, E-Mail: bianca.belousow@missbrauchsbeauftragte-wuerzburg.de, Telefon: 0151-64402894.
Ratsuchende können sich in Fällen sexualisierter Gewalt zudem an das Hilfetelefon Sexueller Missbrauch 0800 2255530 (kostenfrei und anonym) wenden.
Beschwerdeweg für Mitarbeiter*innen
- Werden Mitarbeiter*innen Verstöße gegen die ethischen Standards bekannt, wenden sie sich zunächst an die Stellenleiter*innen.
- Richtet sich die Beschwerde gegen die Stellenleitung, ist die Leitung der Fachstelle der EFL in der Diözese zuständig.
- Richtet sich die Beschwerde gegen die Leitung der Fachstelle, ist die Leitung der Hauptabteilung Seelsorge im Bischöflichen Ordinariat der Diözese Würzburg zuständig.
Quellen:
- „Ethische Standards zur Frage von Grenzverletzungen“, Evangelischer Fachverband für Lebensberatung in Bayern. in: Informationen für Erziehungsberatungsstellen 1/97, S.21 ff.
- „Berufsethische Standards und deren Qualitätssicherung in evangelischen Beratungsstellen“; Evangelische Konferenz für Familien- und Lebensberatung e. V. Fachverband für Beratung und Supervision; Stand: 10.03.2016
- Ethik - Richtlinien der DGSF-DGSF e.V., Stand 09/2016
- Ethische Standards in der Institutionellen Beratung, in: „Ethische Standards in der institutionellen Erziehungs-, Ehe-, Familien- und Lebensberatung (2003)“, DAKJEF
- Ordnung zur Prävention gegen sexualisierte Gewalt an Minderjährigen und erwachsenen Schutzbefohlenen im Bereich der Diözese Würzburg
- Ordnung über den kirchlichen Datenschutz (KDO); Stand: 04/2014